Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4

Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4

Das Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4 ist ein manuell fokussierendes Festbrennweitenobjektiv, das zu den schärfsten 85mm Objektiven gehört. Man kann dieses Objektiv an nahezu allen Kameras mit Nikon F Bajonett sowie auch an Nikon Z-Kameras mit FTZ-Adapter verwenden. In meinem Erfahrungsbericht beschreibe ich meine persönlichen Erfahrungen mit diesem Objektiv an der Nikon D780 DSLR sowie an der Nikon Zfc mit FTZ-Adapter.

Meine Erfahrungen mit dem Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4

Ich habe dieses wunderschöne Portraitobjektiv von einem Freund für eine Zeit leihen können und habe es sowohl in der People-Fotografie als auch in der Landschafts- und in der Streetphotography an zwei digitalen Kameras, der Nikon D780 sowie der Nikon Zfc mit FTZ-Adapter, eingesetzt. Da meine alte Nikon F401x mit AI und AI-s Objektiven leider keine Belichtungsmessung bietet, konnte ich es nicht in Kombination mit Film testen.

Zwischen 1981 und 2005 wurden über 66.000 Exemplare dieses Objektivs in Japan gefertigt. Eine AI-Version dieses Objektivs gab es nie – dennoch wurde dieses AI-s mit dem Blendenmitnehmer für alte Kameras, den sog. Hasenohren ausgeliefert, die bei späteren AI-s Objektiven teilweise weggelassen wurden. Erst 1995 wurde eine Nachfolgeversion mit Autofokus angeboten, das Nikon AF-D Nikkor 85mm f/1.4.

Mechanische Eigenschaften

Das gesamte Objektiv ist aus Metall gefertigt, alle Linsen sind selbstverständlich aus Glas. Die Verarbeitung macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Mit einer Länge von maximal 7,3 cm und einem maximalen Durchmesser von etwas über 8cm ist es angenehm kompakt und kann so auch an kleineren Kameras gut gehandhabt werden. Nikon gibt das Objektiv mit 620g am, die Gegenlichtblende HN-20, die ebenfalls aus Metall ist, bringt noch mal ca. 30g auf die Waage. Damit macht das Objektiv kleine und leichte Kameras etwas Kopflastig, an einer größeren Kamera wie der D780 ergibt das eine sehr angenehme Balance. An der Zfc ergibt das 85mm durch den 1,5 Cropfaktor ein 128mm Teleobjektiv, das man durch den zusätzlichen FTZ-Adapter auch spürt. Die Kombination sieht zwar retromäßig aus, ist aber schon ganz schön groß.

Haptik und Optik sind wie erwartet auf sehr hohem Niveau. Der Blendenring rastet angenehm aber deutlich spürbar ein. Bei meinem Exemplar hakt der Fokusring im Unendlichbereich etwas, hier muss vermutlich alters- oder nutzungsbedingt die Schmierung erneuert werden. Dieses Phänomen habe ich in zahlreichen Berichten zum Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4 gelesen – man sollte also beim Gebrauchtkauf unbedingt darauf achten. Dennoch lässt es sich präzise fokussieren, was besonders bei Offenblende f/1.4 aufgrund des geringen Schärfebereichs nicht immer ganz einfach ist.

Der Fokus-Indikator der D780 sowie das Fokus-Peaking der Zfc helfen gut, hier eine präzise Fokussierung vorzunehmen.

Optische Eigenschaften

Über dieses Objektiv werden Legenden verbreitet, es sei das schärfste von Nikon gebaute Objektiv und so weiter. Ich war natürlich sehr gespannt. Und für ein Objektiv, das in den frühen 1980ern erstmals auf den Markt gekommen ist, ist die optische Performance herausragend.

Der Fokusbereich des manuell fokussierenden Objektivs reicht von 85cm bis unendlich. Nikon hat, wie bei vielen Objektiven dieser Zeit, die sog. Close-Range-Correction CRC integriert, die ein optisches Element im Nahbereich so verschiebt, dass auch dort gute Ergebnisse erzielt werden können. Das ist kein Makro-Objektiv aber man kann es tatsächlich für Nahaufnahmen oder auch nahe Portraits sehr gut einsetzen.

Der Blendenbereich reicht von der kleinsten Blendenöffnung bei f/16 bis zur maximalen Öffnung von f/1.4. Man kann das Objektiv für Portraits oder Nachtaufnahmen bereits gut bei Offenblende einsetzen – das ist ein großer Unterschied zu vielen anderen Objektiven dieser Zeit! Allerdings muss man bei f/1.4 und bei f/2.0 ein paar Kompromisse machen.

Bei Landschaftsaufnahmen wird man starke Farbsäume – chromatische Aberationen – in magenta sowie grün feststellen, die auch in der Postproduktion bspw. in Lightroom nicht ganz einfach zu korrigieren sind. Der Kontrast ist offenblendig ebenfalls noch nicht stark ausgeprägt. Die Schärfe ist im Zentrum schon bei Offenblende gut, aber alle diese Eigenschaften verbessern sich deutlich bei f/2.8! Wenn möglich, kann man also etwas abblenden um eine erheblich bessere Bildqualität zu erreichen. Bereits bei f/2.8 sind Schärfe und Mikrokontrast auf einem sehr hohen Niveau, stärkeres Abblenden hilft noch einmal deutlich. Bei 85mm kann man auch bei kleineren Blendenöffnungen gute Freistellung erzielen. Für viele meiner Street-Fotos habe ich das Objektiv bei f/5.6 oder f/8 verwendet und richtig tolle Ergebnisse erzielt.

Das Bokeh ist ab f2.0 sehr angenehm. Die Übergänge von Scharf zu unscharf sind weich, das Bokeh ist angenehm ruhig. 9 Blendenlamellen sorgen bei Offenblende f/1.4 für katzenaugenförmige Bokeh-Balls, die bei f/2.8 rund werden. Meine Empfehlung für Portraits ist daher eher f/2.0 oder f/2.8 – hier treten die positiven Eigenschaften dieser Linse zutage. Für Landschaftsaufnahmen wird man ab f/5.6 grandiose Resultate erzielen.

Das Objektiv hat keine sichtbare Verzeichnung. Vignettierung bei Offenblende ist vorhanden, wie zu erwarten, ist aber ab f/4 praktisch verschwunden.

Hält man das Objektiv direkt in eine Lichtquelle, bspw. die Sonne, entstehen grüne oder lilafarbene Flares, ich würde deshalb bei tiefstehender Sonne die Gegenlichtblende nutzen.

Im Alltag

Manuelles Fokussieren sollte geübt sein, wer hier keine Erfahrungen hat, wird sie mit dem Objektiv mühsam machen müssen. Der Schärfebereich ist bei Offenblende extrem klein, so dass sehr präzise fokussiert werden muss. Deshalb ist es zumindest offenblendig für sich schnell verändernde Situationen eher ungeeignet. Das Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4 ist ein klassisches Portraitobjektiv, das sich in einer ruhigen Umgebung – wie im Studio – oder in der Hand eines Landschaftsfotografen – sehr gut macht.

Auch wenn es verlockend ist bei f/1.4 zu fotografieren – und man es von modernen Autofokusobjektiven für spiegellose Kamerasysteme gewohnt ist – bei diesem Objektiv sollte man etwas abblenden. F/2.8 tut allen Parametern wirklich gut und man wird mit richtig tollen Bildern belohnt. In Kombination mit einer modernen DSLR oder spiegellosen Kamera, die auch hohe Lichtempfindlichkeiten nur mit geringem Rauschen liefern können, kann man mit diesem Objektiv auch in der Dämmerung oder bei Nacht gute Resultate erzielen.

Hier mal ein paar Beispiele, wie sich Farbsäume, Kontrast und Schärfe verbessern:

Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4 bei f/1.4

Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4 bei f/2.0

Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4 bei f/2.8

Nikon AI-s Nikkor 85mm f/1.4 bei f/5.6

In der Street-Fotografie empfiehlt sich stärkeres Abblenden und die Verwendung von Zonen-Fokus, so dass man bspw. ein Schärfefeld von ein paar Metern hat – das hat bei mir ziemlich gut funktioniert und spontane Fotos ermöglicht.

Fazit

Das Nikon AI-s Nikkkor 85mm f/1.4 wird zurecht als Legende bezeichnet. Das ist ein Objektiv, das vor mehr als 40 Jahren bereits bei Offenblende gute Resultate erzielte und dessen Schärfe erst durch moderne 85mm Objektive wieder erreicht wurde. Verglichen mit modernen 85mm f/1.4 oder sogar f/1.2 Objektiven ist es relativ kompakt aber schwer. Das Fokussieren bei Offenblende fällt zwar nicht immer ganz leicht, aber wenn der Fokus sitzt, erhält man sehr scharfe Resultate. Leichtes Abblenden hilft, ab f/2.8 kann man dieses Objektiv bedenkenlos für sehr viele Zwecke wie Landschaftsaufnahmen, Portraits oder sogar Nahaufnahmen  und natürlich als Objektiv für Dämmerungs- und Nachtfotografie einsetzen.

Bei gebrauchten Exemplaren sollte man darauf achten, das der Fokus angenehm weich über den gesamten Fokusbereich läuft, denn bei vielen Exemplaren scheint die Schmierung insbesondere im Bereich Unendlich fest zu werden.

Wer ein lichtstarkes Nikon-Objektiv mit Charakter sucht und bereit ist manuell zu fokussieren, wird mit dem Nikon AI-s Nikkkor 85mm f/1.4 vieles richtig machen!

Ähnlich lichtstarke Alternativen mit manuellem Fokus gibt es gar nicht so viele. Von Zeiss gibt’s ein Planar, das gebraucht schnell mal 500€ kostet, die Milvus Reihe ist gebraucht fast gar nicht zu bekommen und deutlich teurer. Günstiger wird’s mit dem Walimex 85 1.4, das habe ich allerdings noch nie in den Händen gehabt.

Beispielfotos