Nikon AF Micro Nikkor 60mm f/2.8

Nikon AF Micro Nikkor 60mm f/2.8

Mein Erfahrungsbericht

Ein 60mm Makroobjektiv? Ich habe lange festgestellt, dass ich eigentlich genau das immer gesucht habe. Immer wieder habe ich mit meinen 50mm Objektiven gehadert, da ich mit der Schärfe im Nahbereich einfach nicht zufrieden war. Insbesondere bei Gesichtsportraits aus sehr kurzer Distanz, bei denen sowieso erst f/3.2 oder kleiner benötigt wird, damit nicht nur die Nasenspitze scharf ist, war ich mit den 50ern nicht glücklich. Als ich das manuelle Nikon AI Micro Nikkor 55mm f/3.5 in die Hände bekommen habe, haben mir Schärfe und Motiventfernung sehr gut gefallen – der fehlende Autofokus hat sich besonders beim Fotografieren von Kindern als ziemliche Herausforderung herausgestellt. Deshalb bin ich irgendwann beim 60er gelandet und ehrlich gesagt positiv überrascht worden.

Meine persönliche Meinung zum Nikon AF Micro Nikkor 60mm f/2.8 D

Kleiner Hinweis. Wie alle Objektive in diesem Blog habe ich auch dieses Objektiv gebraucht erworben. Das hat Vor- und Nachteile. Der niedrigere Preis (in diesem Fall 150€) wird ggf. mit Gebrauchsspuren oder sogar technischen Problemen erkauft. Hier gilt es genau hinzuschauen.

Wie alle anderen Makro-Objektive bei Nikon hört dieses auf den Namen Micro-Nikkor. Nikon produziert das AF Micro Nikkor 60mm bzw. als D Version seit 1989. Es löste die optisch überragenden 55mm Objektive ab, die es sowohl als manuell Fokus Varianten seit 1959 als auch mit Autofokus ab 1986 gab, ab. Wie seine Vorgänger ist dieses Objektiv eine absolute Referenz, besonders in Bezug auf Schärfe und optische Abbildungsleistung wie Verzeichnungen. 2008 erschien das Nachfolgemodell als AF-S Nikkor mit Innenfokussierung und Nanokristallvergütung, das ist allerdings eine komplette Neukonstruktion und hat nichts mehr mit diesem hier beschriebenen Objektiv zu tun.

Nikon AF Micro Nikkor 60mm f/2.8 Seitenansicht

Mit knapp 430g Gewicht ist es ein relativ leichtes Objektiv. Es besteht aus Glas, Metall und den Anfang der 1990er üblichen harten Kunststoffen. Die Verarbeitung wirkt hochwertig und solide, aber nicht so robust, wie ein Tokina oder ein AI Objektiv. Es ist etwas größer als ein modernes AF-S Nikkor 50mm. Beim Fokussieren, insbesondere im Nahbereich fährt der Tubus weit nach vorn heraus. Das Objektiv verfügt über 2 Schalter. Das eine ist eine Kupplung um zwischen Autofokus und manuellem Fokus zu wechseln. Steht die Kupplung auf Autofokus ist kein manuelles Nachfokussieren möglich und umgekehrt. Der zweite Schalter ist ein Fokus-Limiter, mit dem man den Autofokus entweder auf den Nah- oder auf den Fernbereich begrenzen kann um langwieriges Hin- und Herpumpen des Autofokus zu verhindern.

Nikon AF Micro Nikkor 60mm f/2.8 Seitenansicht

Wie alle AF- und AF-D Objektive verfügt es noch über einen Blendenring, mit dem die Blende auch an manuellen Kameras eingestellt werden kann. Ein Autofokusmotor ist nicht integiert, deshalb kann der Autofokus nur an Nikon Spiegelreflexkameras mit integriertem AF-Motor (Nikon D1, D2-Modelle, D3-Modelle, D4-Modelle, D5, Df, D50, D70, D80, D90, D100, D200, D300-Modelle, D500, D700, D750, D800-Modelle, D810, D850, D7000, D7100, D7200, D7500) verwendet werden. An allen anderen Kameras, beispielsweise Die D3000 oder D5000er Modelle aber auch die Nikon Z-Kameras mit FTZ-Adapter kann das Objektiv mit manuellem Fokus eingesetzt werden. Für Autofokus an diesen Kameras empfehle ich das deutlich teurere Nikon AF-S Micro Nikkor 60mm f/2.8 G ED. Der Autofokus ist nicht so schnell wie an einem AF-S Objektiv aber man kann damit auch im Nicht-Makrobereich sehr gut arbeiten. Ich musste mein Exemplar geringfügig nachkalibrieren – damit sitzt der AF aber in jedem Distanzbereich sehr genau.

Nikon setzt bei diesem Objektiv seine CRC (Close-Range-Correction) genannte Technologie für Optimierung im Nahbereich ein. Die maximale Blendenöffnung verkleinert sich beim Fokussieren im Nahbereich abhängig von der Motiventfernung. Bei unter 1m beträgt sie statt f/2.8 nur f/3.2, beim maximalen Abbildungsmaßstab von 1:1 beträgt sie f/5. Das ist insofern nicht sonderlich relevant, dass bei diesen geringen Entfernungen sowieso abgeblendet werden muss, damit eine entsprechende Schärfentiefe zur Verfügung steht. Im Alltag stellte sich das auch bei Portraits als völlig unproblematisch aus – man muss es aber wissen. Bei Offenblende ist eine leichte Vignettierung feststellbar, die aber schon bei f/4 fast verschwunden ist.

Nikon AF Micro Nikkor 60mm f/2.8

Das Objektiv ist bereits bei f/2.8 knackscharf, das ändert sich bis f/8 kaum, danach setzt sinkt die Auflösung wieder aufgrund der Beugungsunschärfe – wie bei anderen Objektiven auch. Das fällt insbesondere bei starken Vergrößerungen auf Augen auf, wo jede einzelne Wimper hervorragend abgebildet wird. Das kann bei Portraits auch schwierig sein, wenn gar nicht so viel Schärfe gewünscht ist – aber diese Herausforderung hat man ja mit modernen Objektiven für Spiegellose Kameras wie die neuen S-Objektiv für das Nikon Z Bajonett auch.

Das Bokeh ist nicht ganz so schön wie bei einem Nikon AF-S Nikkor 50mm f/1.8 G, erinnert eher an das Nikon AF Nikkor 50mm f/1.8 D, die Bokeh-Kreise sind an den Rändern stärker ausgeprägt. Die Charakteristik ist jedoch ähnlich unruhig wie bei den 50ern. Wer darauf sehr großen Wert legt, muss mit größerer Entfernung zum Motiv mit einem 85er Portraitobjektiv oder 100er Makro, wie dem Tokina AT-X Pro 100mm f/2.8 M arbeiten. Wer die kurze Entfernung zum Motiv braucht, wird das Bokeh akzeptieren können.

Im Alltag setze ich es vorwiegend für Fotos mit geringerer Motivdistanz ein. Für richtige Makrofotos finde ich es schwierig, da man sehr nah am Motiv arbeiten muss und sich ggf. selbst im Licht steht. Für so etwas würde ich auf ein 100er oder sogar auf das seltene 200mm Micro-Nikkor ausweichen.

Mein Fazit

Wen die etwas in die Zeit gekommene Optik der 1990er nicht stört sondern eher Wert auf ein solides Arbeitsgerät legt, der wird sehr viel Freude mit dem 60er haben. Ich war bei diesem Objektiv absolut voreingenommen und dachte na ja, für 150€ kann man es ja mal probieren. Eigentlich wollte ich das gebraucht mehr als doppelt so teure AF-S Pendant ausprobieren, da ich dann bei einem eventuellen Umstieg auf das Z-System kein Kompatibilitätsproblem hätte. Aber bereits die ersten Aufnahmen haben mich positiv überrascht. Bei einer ganzen Serie zum Thema Pilze und Herbstfotos konnte das Objektiv seine volle Stärke ausspielen. Wer also auf der Suche nach einem günstigen und vor allem scharfen Objektiv für den Nahbereich ist, sollte zugreifen. Viele Nutzer steigen auf das Z-System oder andere Systeme um und die Preise für gebrauchtes Equipment sinken. Das ist eine gute Gelegenheit zuzugreifen.

Beispielfotos