Nikon AF-S Nikkor 24-85mm f/3.5-4.5 G ED VR

Nikon AF-S Nikkor 24-85mm f/3.5-4.5 G ED VR

Ein paar einleitende Worte müssen sein. Ein Kitobjektiv soll es richten – Nikon 24-85 VR an Nikon Df – ich habe Vorurteile. Das Internet ist voll mit Reviews dieses Objektivs, die es mit den professionelleren 24-70mm f/2.8 und 24-70mm f/2.8 VR sowie dem 24-120mm f/4 VR vergleichen und da schneidet es in allen optischen Disziplinen in der Regel schlechter ab. Aber das ist ein Vergleich von Äpfeln und Birnen. Aber dazu später mehr.

Und auch das Thema Kitobjektiv kommt immer wieder auf. Nikon hat in den Neunzigern mit richtig ramschigen Kitobjektiven wie dem Nikon AF Nikkor 28-80mm f/3.3-5.6 G einfach den Ruf dieser günstigen „Beigaben“ zu teuren Kameras völlig ruiniert. Moderne Kitobjektive bei DX-Kameras sind meist besser als ihr Ruf. Wie sieht es beim 24-85 VR aus?

Mister Festbrennweite kauft mal wieder ein Zoom? Ja, denn wie schon in meinem Artikel „Hochzeitsfotografie mit Festbrennweiten?“ erwähnt, ist Fotografieren in Situationen, bei denen man nicht die Zeit für einen Objektivwechsel hat ein echter Stress.

Ich liebe meine Festbrennweiten, vor allem mein Nikon AF-S Nikkor 35mm f/1.8 G ED ist eigentlich mein Immerdrauf. Aber vor allem beim Fotografieren auf Veranstaltungen brauche ich viel Flexibilität. Das Nikon AF Nikkor 35-70mm f/2.8 D wäre ideal gewesen – das habe ich aber leider verkauft. Siehe mein Artikel „Diese 5 Nikon Objektive hätte ich nie verkaufen sollen!“. Also habe ich mal wieder in meine Liste der günstigen Standardzooms geschaut – welches hatten wir denn noch nicht?

Siehe da, das Nikon AF-S Nikkor 24-85mm F3,5-4,5 G ED VR – den Namen muss man sich auch erstmal auf der Zunge zergehen lassen – geht bei den einschlägigen Gebrauchtbörsen zwischen 220€ und 280€ weg. Das ist einen Versuch wert. Ein 24-120 f/4 VR kostet glatt das doppelte, ist noch größer und schwerer. Vielleicht was fürs nächste mal.

Meine persönliche Meinung zu diesem Objektiv

Mechanik, Haptik, Verarbeitung

Das Nikon AF-S Nikkor 24-85mm f/3.5-4.5 G ED VR ähnelt in Konstruktion und Design und auch in all seinen optischen Schwächen, auf die ich noch im Verlauf des Reviews eingehen werde, dem 2002 erschienenem Nikon AF-S Nikkor 24-85mm f/3.5-4.5 G ED – also die gleiche Bezeichnung nur ohne den bei Nikon VR (= Vibration Reduction) genannten Bildstabilisator. Das Objektiv ist vorwiegend aus Kunststoff, Metall und Glas gefertigt – es ist eigentlich ein etwas teureres Kit-Objektiv, das mit vielen Nikon FX Consumerkameras wie den D600 und D610 Einsteigermodellen oder auch der D750 vermarktet wurde. Die Haptik ist in Ordnung, nicht ganz hochwertig aber auch nicht so ramischig wie ein 18-55 VR Kitobjektiv für Consumerkameras mit Cropformat. Vergleicht man es mit einigen AF-D Objektiven aus den Neunzigern fühlt es sich hochwertiger an – alles in Allem echt ok.

Das Zoomen fühlt sich angenehm weich an, das Objektiv neigt nicht zum kriechen, d.h. der Zoom verändert sich nicht beim Herumtragen. Zum manuell fokussieren eignet es sich nur bedingt. Der Fokusring ist klein, ich finde es nicht sehr präzise damit zu fokussieren – wenn man manuelle AI- und Ais Objektive gewöhnt ist. Mich persönlich nervt die Positionierung des Zoom- und des Fokusrings. Der Fokusring ist nahe der Kamera, der Zoomring vorn am Objektiv. Das ist bei den neueren Nikon-Zoom-Objektiven oft so gelöst, keine Ahnung wer sich diesen Quatsch hat einfallen lassen.

Es ist ein G-Objektiv, kann also nicht an analogen Kameras verwendet werden. Das Bajonett ist aus Metall, im Lieferumfang ist eine Kunststoff-Gegenlichtblende enthalten.

Mit seinen knapp 460g ist es nicht zu schwer und somit als Reiseobjektiv gut geeignet. Zum Vergleich: Ein 24-120mm f/4 VR wiegt über 700g, ein 24-70mm f/2.8 VR wiegt sogar knapp 900g – also etwa doppelt so viel. Wer Wert auf geringes Gewicht legt, fährt mit diesem Objektiv sehr gut.

Optische Eigenschaften

So dann kommen wir mal zum eigentlichen Fotografieren. Das Objektiv ist mit Anfangslichtstärke f/3.5 nicht besonders lichtstark. Bei 50mm ist man schon bei f/4.2 und 70mm f/4.5. Dafür ist ein Bildstabilisator der zweiten Generation an Bord, der seinen Job richtig gut macht. Laut Nikon sind 4 Stops kompensierbar. Ich habe auch bei 1/8s noch scharfe Fotos frei Hand machen können – das ist echt klasse!

Wirklich schöne freigestellte Aufnahmen mit Bokeh lassen sich nur bei 85mm und f/4.5 erzielen, wer also auf diese Effekte aus ist, sollte eher zu einem 24-70mm f/2.8 oder gleich einer Festbrennweite greifen.

Bei Offenblende fallen in den JPEGs unfassbare Vignettierungen und Verzeichnungen auf – in dieser Hinsicht ist hier kein guter Kompromiss gelungen. Vorteil RAW: In Lightroom lassen sich diese sehr leicht korrigieren. Wer ausschließlich in JPEG fotografiert, sollte hier wenigstens die Profilkorrektur in der Kamera aktivieren – dann wird es etwas besser. Ohne diese Korrekturen finde ich das Objektiv vor allem im Weitwinkel geradezu unbrauchbar.

Nikon AF-S Nikkor 24-85mm f/3.5-4.5 G ED VR an Nikon Df bei 24mm, f/3.5, 1/80s, ISO400.
Auf diesem Foto einer Ausstellung von Zyad Anzo erkennt man sowohl Verzeichnung als auch Vignettierung bei Offenblende sehr gut.

Die Farbwiedergabe ist wie bei den meisten AF-S Objektiven großartig – tolle Farben und Kontraste – hier kann ich nichts bemängeln. Auch bei Gegenlicht hat man kaum mit Farbsäumen zu kämpfen, allerdings hilft die mitgelieferte Gegenlichtblende nicht immer wirklich gut bei tiefstehender Sonne gegen Lensflares.

Nikon AF-S Nikkor 24-85mm f/3.5-4.5 G ED VR an Nikon Df bei 28mm, f/3.8, 1/200s, ISO100
Bei dieser Aufnahme erkennt man die Lensflares durch die tiefstehende Sonne sehr gut.

Das Objektiv verfügt über einen integrierten Ultraschall-Autofokusmotor. Der ist leider nicht wahnsinnig schnell, ich finde, dass AF-D mit Stangenantrieb generell schneller fokussieren. Dafür ist der Fokusmotor praktisch nicht zu hören.

Kommen wir zur Schärfe: Im Zentrum ist das Objektiv auch bei Offenblende bereits scharf, jedoch die Bildränder recht unscharf, abgeblendet wird das besser. Das Optimum liegt zwischen f/8 und f/11. Ich habe das Zentrum mal bei f/4.5 bei 50mm mit meinem AF-S Nikkor 50mm f/1.8 G SE verglichen und muss sagen, das nimmt sich nicht viel. Gut, die AF-S 50mm von Nikon sind leider sowieso nicht die schärfsten, Nikon will uns wohl dazu bewegen einen schönen vierstelligen Betrag für ein Noct 58mm f/1.4 auszugeben. Angeblich ist das 24-120 VR schärfer, das kann ich (noch) nicht beurteilen. Ich kann mich aber nicht beschweren. Die Bildränder sind leider nicht wirklich doll.

Das spannende sind bei der Schärfe die unterschiedlichen Brennweiten. Bei 24mm ist es grandios scharf, auch bis 50 oder 60mm ist es noch wirklich gut. Bei 85mm weniger scharf, hier bringt auch Abblenden keine spürbare Verbesserung – man kann also immerhin auch bei Offenblende, sprich f/4.5 im Tele fotografieren ohne Qualitätseinbußen. Besser wird’s leider nicht. Das Tele ist neben der heftigen Verzeichnung die große Schwäche dieses Objektivs.

Dafür ist hat es einen erfreulich kurzen Mindestabstand zum Motiv und eignet sich so auch für Nahaufnahmen. Die verwendeten ED-Gläser minimieren die Farbsäume, so dass bei Gegenlicht keine größeren Probleme auftauchen.

Das interessante ist der Preis. Für zwischen 200€ und 300€ bekommt man dieses Objektiv bereits in gutem Zustand gebraucht. Dafür ist es wirklich ein guter Kauf. Für knapp 600€ bietet Nikon das Objektiv neu an – ein Nikon AF-S Nikkor 24-70mm f/2.8 G kostet gebraucht zwischen 700€ und 900€, da würde ich in diesem Fall noch das Geld drauflegen und das 2.8er Standardobjektiv kaufen – das spielt in einer völlig anderen Liga. Oder alternativ für knapp 500€ ein gebrauchtes Nikon AF-S Nikkor 24-120mm f/4 G VR.

Mein Fazit:

Für einen Gebrauchtpreis zwischen 200 und 300€ bekommt man ein solides Reiseobjektiv mit dem man fast alle Situationen meistern kann. Die geringe Lichtstärke wird durch einen hervorragenden Bildstabilisator ausgeglichen. Allerdings sollte man die Profilkorrektur der Kamera oder noch besser die Korrektur mittels Objektivprofilen in der RAW-Software wie Photoshop, Lightroom oder anderen anwenden um die heftigen Verzeichnungen und Vignettierungen aus den Fotos zu entfernen. Berücksichtigt man diese Einschränkungen, kann man mit diesem Objektiv viel Freude haben.

Beispielfotos:

 

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