Nikon D780

Nikon D780

Nach vielen Jahren mit der Nikon Df bin ich auf eine D780 umgestiegen. Nach über einem halben Jahr Nutzung mit verschiedenen Setups wie Veranstaltungen, Portrait-Shootings, Landschaftsaufnahmen und Videoaufnahmen, möchte ich meine Erfahrungen mit vielleicht Nikons letzter DSLR teilen.

Ich bin People-, Street- und Landschaftsfotograf und beurteile meine Kameras an diesen Bedürfnissen. Ich kann wenig zur Leistung im Sport oder Wildlife-Bereich sagen. Das ist also kein detaillierter Review, davon gibt es viele wirklich gute im Internet sondern eher ein Erfahrungsbericht.

Die Nikon D780 ist eine 2020 erschienene digitale Spiegelreflexkamera für das Nikon F-Bajonett mit 24 Megapixel Vollformatsensor. Sie ist (bis jetzt) Nikons letzte Spiegelreflexkamera und bringt viele technische Innovationen der spiegellosen Nikon Z-Kameras im Live-View mit einem modernen Autofokus-System für den optischen Sucher in einen professionellen Kamerabody.

Nikon D780

Meine Erfahrungen mit der Nikon D780

Objektiv-Kompatibilität

Ich fange bewusst mit der Kompatibilität an, denn das ist einer der Hauptgründe sich für eine D780 und gegen eine Z-Kamera zu entscheiden. Die D780 kommt mit Nikons F-Bajonett. Alle Objektive ab dem AI-Anschluss sind kompatibel. Wer Non-AI Objektive nutzen möchte, muss diese konvertieren, da sich der Blendenmitnehmer nicht wie bei der Nikon Df wegklappen lässt. Manuelle Objektive können im Menü hinterlegt werden, so dass sie bei Aufnahmen auch korrekt in den EXIF Daten hinterlegt werden. Wie das geht, habe ich in dem verlinkten Artikel hier ausführlich beschrieben.

An der D780 können auch die vielen verfügbaren AF- und AF-D Objektive uneingeschränkt verwendet werden. Wer diese an den  Z-Kameras nutzen möchte, muss neben der Nutzung des FTZ / FTZII Adapter auch noch auf den Autofokus verzichten. Wer also viele AF-Objektive nutzen möchte – beispielsweise für Klassiker wie das Nikon AF Nikkor 28mm f/1.4 D oder das legendäre Nikon AF Nikkor 135mm f/2.0 D Defocus Control, der wird mit der D780 viel Freude haben. Der integrierte Stangenautofokusmotor ist ausreichend stark um auch den AF in größeren Objektive zuverlässig anzutreiben.

Ich nutzte sehr gern ältere AI und AI-s Objektive von Nikon, aber im Alltag beispielsweise auch das Nikon AF Micro-Nikkor 60mm f/2.8 D als Makro-Objektiv oder um Negative mit der D780 zu digitalisieren.

Gehäuse:

Das Gehäuse ist ein klassisches DSLR Gehäuse mit einem ausgeprägten Griff und optischem Sucher. Die Kamera wiegt mit Speicherkarte und Akku ungefähr 830g, das ist ein angenehmes Gewicht um auch schwerere Objektive gut auszubalancieren. Es ist aber leicht genug um die Kamera auch ohne Tragegurt sicher in der Hand zu halten.

Mich erinnert das Gehäuse sehr stark an den Vorgänger D750. Es ist sehr ergonomisch, Buttons liegen dort, wo man sie erwartet. Wer mit einer Kamera der D700er oder D800er Serien fotografiert hat, wird sich sofort mit diesem Body wohlfühlen, der Griff ist wirklich das beste daran. Die Kamera fühlt sich zu jeder Zeit sicher und kontrolliert an.

Der Sucher hat eine Abdeckung von 100%, Scharfstellen mit manuellen Objektiven fällt damit leicht.

Das Gehäuse ist abgedichtet gegen Staub und Feuchtigkeit, so dass man in Kombination mit einem passend abgedichteten Objektiv auch bei widrigsten Wetterverhältnissen fotografieren kann. Dazu muss ich sagen, dass mich egal bei welchem Wetter bislang keine Nikon im Stich gelassen hat aber Staub war oft ein Problem, insbesondere bei der Nikon Df. Allerdings war die Sensorreinigung bei gleichen Objektiven an der Nikon Df wesentlich häufiger nötig als an der D700 und ganz besonders an der D780. Die Abdichtung gegen Staub scheint noch mal ein deutlich höheres Niveau angehoben worden zu sein.

Im Gegensatz zu den D800er-Kameras gibt es an der Oberseite ein klassisches Wahlrad für verschiedene Motivprogramme, für individuelle Einstellungen (U1 und U2) sowie die üblichen P, A, S, M.

Auch eine „Auto“ Option gibt es, die nutze ich jedoch nicht. Wer seine Kamera individualisieren möchte, kann über diverse Custom-Buttons Funktionalitäten belegen. Die Taste an der Vorderseite nutze ich beispielsweise nicht aber hier hat man sehr viele Möglichkeiten. Wer keine Videoaufnahmen macht, kann auch den Aufnahmebutton mit anderen Funktionen belegen.

Im Vergleich zum Vorgänger Nikon D750 oder auch der D700 wurde das integrierte Blitzgerät weggelassen. Mich stört das nicht, aber ich nutze meistens ein externes Blitzgerät oder vertraue auf das gute Rauschverhalten bei wenig Licht. Für entfesseltes Blitzen wird so leider ein Funkauslöser benötigt, ein Triggern über einen integrierten Blitz ist damit nicht möglich.

Dafür sind in die Sucherwölbung des Gehäuses die integrierten Stereo-Mikrofone integriert. Die Qualität ist in Ordnung, allerdings hat man auch bei AF-S Objektiven das Geräusch beim Fokussieren mit auf dem Ton, so dass ich die Nutzung eines externen Mikrofons empfehlen würde. Das lässt sich an den 3,5mm Klinken-Anschluss verbinden, der Ton kann über einen ebenfalls vorhandenen Kopfhöreranschluss kontrolliert werden.

Nikon verbaut in der D780 ein 3,2 Zoll Klapp- und Touch-Display, welches sich lässt sich neigen lässt, so dass man sowohl tief am Boden als auch über den Kopf sehr entspannt fotografieren kann. Zoomen, Wischen, Navigieren geht alles ähnlich wie auf einem Smartphone.

Die Kamera hat 2 Speicherkartenfächer für SD-Karten mit einer UHS-II Schnittstelle. D.h. es können für Videoaufnahmen in 4K auch sehr schnelle Speicherkarten verwendet werden.

Auf der Unterseite lässt sich das Batteriefach mit der EN-EL15b öffnen, die sowohl im Foto- aus auch Videobetrieb über ausreichende Kapazität verfügen. Ich konnte selbst im Mischbetrieb und mit eingeschaltetem Display komplette Veranstaltungen oder Shooting-Tage mit einer Akkuladung schaffen. Man kann angeblich nur im Sucherbetrieb über 2.000 Aufnahmen mit einer Batterieladung schaffen. Übrigens können auch andere EN-EL15-Batterien verwendet werden – diese lassen sich dann allerdings nicht per USB-C in der Kamera laden.

Der USB-C Anschluss ist ebenso vorhanden, wie ein Kopfhörer- sowie ein Mikrofonanschluss und ein Mini HDMI-C Anschluss.

Das Gehäuse ist Made in Thailand, ich kann an der Verarbeitungsqualität absolut nicht meckern. Die Kamera ist nicht zu schwer, liegt sehr gut in der Hand und ist gegen Staub und Schmutz abgedichtet.

Wenn ich mir noch etwas wünschen würde, wären es wie bei der D850 beleuchtete Buttons aber das ist schon meckern auf hohem Niveau.

Autofokus

Einer der Gründe meine Nikon Df zu verkaufen, war die mittelmäßige Autofokusleistung besonders bei schlechtem Licht. Die Nikon D780 ist hier sowohl im Autofokus über den optischen Sucher als auch im Live-View in einer anderen Liga. Insbesondere das Advanced Multi-CAM 3500 II Autofokus-Modul des optischen Sucher mit 51 AF-Messfeldern inkl. 15 Kreuzsensoren ist richtig gut, sehr treffsicher und schnell. Die DSLR-typische Verteilung der Felder im Zentrum des Sensors ist etwas besser als in der Nikon Df oder D600 / D610, aber nicht so gut verteilt wie bei den Flaggschiffen D850 oder D5 / D6.

Ich nutze im Alltag tatsächlich viel öfter den Live-View als ich es erwartet hätte. Der AF im Liveview bietet 273 Phasen-AF Felder und kommt mit den Mirrorless-typischen Funktionen wie Augen-Autofokus. Die  Z6 konnte ich nur kurz testen, ich aber aber das Gefühl, dass der Augen-AF der D780 etwas präziser arbeitet als in der Z6. Für Portraits und Studio-Situationen finde ich das sehr praktisch.

Im Videomodus merkt man den technologischen Unterschied zu den Spiegellosen. Man kann mit allen kompatiblen Objektiven, die Autofokus haben, mit AF filmen. Jedoch ist das nicht so weich und geräuschlos wie bei Nikons Z-Modellen. Ich nutze deshalb oft zum Filmen das Fokus Peaking, welches sich in verschiedenen Farben konfigurieren lässt. Sobald man am Objektiv auf Manuell Fokus umschaltet, stellt die Kamera das Fokus-Peaking ein.

Für Makro-Situationen bietet die D780 auch den von der D850 oder den Z-Kameras bekannten Focus-Staking Modus. Dabei werden mehrere Aufnahmen zu einem zusammengesetzten Foto verrechnet. Ich habe das allerdings noch nicht benutzt, werde bei Gelegenheit den Artikel um meine Erfahrungen damit erweitern.

Mit einer Serienbildrate von 7 Bildern pro Sekunde und mit optischem Sucher und AF, 12 Bildern pro Sekunde mit gelocktem AF ist die D780 für meine Zwecke mehr als schnell genug. Hinsichtlich AF-Performance bin ich in allen Situationen überaus zufrieden. Besonders in Studio-Situationen bspw. bei Kinderfotografie hat mich auch der Live-View völlig überzeugt.

Bildqualität

Der Sensor der D780, der vermutlich der gleiche wie in der Z6 und Z6II ist, hat eine effektive Auflösung von 24,5 Megapixeln. Es handelt sich um einen rückseitig beleuchteten CMOS-Sensor im Kleinbildformat, der im Gegensatz zu einigen D800er Modellen mit einem Tiefpassfilter ausgestattet ist. Im großen Unterschied zu vielen spiegellosen Modellen der Z-Serie verfügt die D780 über keinen integrierten Bildstabilisator. Wer bisher nie mit Bildstabilisator fotografierte, wird nichts vermissen. Wer es braucht, muss an der D780 Objektive mit integriertem Bildstabilisator nutzen. Ich nutze dementsprechend kürzere Verschlusszeiten um scharfe Fotos zu erzielen.

Kürzere Verschlusszeiten erfordern bei gleicher Blende höhere Lichtempfindlichkeiten. In dieser Disziplin war ich schon von der Nikon Df sehr verwöhnt aber die D780 legt noch mal eine Schippe drauf. Ich fotografiere im Notfall tatsächlich auch mal mit ISO12800 und die Bilder sind nach geringfügiger Bearbeitung in Lightroom tatsächlich gut verwendbar. Die Basisempfindlichkeit liegt bei ISO100, sie lässt sich nach unten bis ISO50 reduzieren und reicht bis ISO51200. Die Empfindlichkeit kann in den Hi-Modi bis ISO204.800 erhöhen. Wozu man sowas braucht, erschließt sich mir nicht. Aber da das Rauschverhalten und auch das Aussehen des Rauschens auf sehr hohem Niveau ist, nutze ich bedenkenlos in vielen Situationen die Auto-ISO Funktion.

Farb- und Kontrastwiedergabe sind bei entsprechenden Objektiven auf absolutem Top-Niveau. Wer sich für eine Nikon entscheidet und die etwas wärmere Farbwiedergabe mit sehr natürlichen Hauttönen von Nikon Kameras schätzen gelernt hat, wird auch bei dieser Kamera nicht enttäuscht sein.

Die Kamera speichert selbstverständlich auch in RAW, so dass sich alles aus den Bildern in Lightroom oder ähnlichen Programmen rausholen lässt.

Weitere Funktionen

Ich hatte noch nichts zu den Verschlusszeiten gesagt. Sie lassen sich zwischen 30 Sekunden und 1/8000s einstellen, da sollte für den Alltag alles dabei sein. Auch ein Bulb-Modus für Langzeitbelichtungen ist vorhanden.

Man die D780 zum Digitalisieren von Negativen mit Hilfe des Nikon ES-2 Digitalisierungs-Adapters nutzen. Ich habe dazu einen eigenen Artikel verfasst. Das ist eine Funktion, die vermutlich nur wenige Nutzer benötigen. Es gibt dazu einige Erfahrungsberichte, die allesamt sehr positiv sind – ich kann das bestätigen. Der einzige Nachteil ist, dass die Bilder nur als JPEG gespeichert werden.

Wie fühlt sie sich im Alltag an

Ich nutze im Alltag am häufigsten die Kombination D780 mit Nikon AF-S Nikkor 35mm f/1.8 G ED oder Nikon AF-S Nikkor 58mm f/1.4 G. Als Blitzgerät kommt häufig ein Nikon SB-700 direkt auf dem Blitzschuh zum Einsatz, gelegentlich auch ein Setup aus mehreren Blitzen mit Yongnuo 602 Funk-Fernauslösern.

Gerade mit solchen Setups war ich bei der Nikon Df nicht immer sicher, wirklich scharfe Bilder zu erzielen, weil ich mich auf den AF im Zweifel nicht verlassen konnte. Bei der D780 sieht das komplett anders aus. Selbst wenn man bspw. bei sehr geringer Schärfentiefe des Nikon AF Nikkor 58mm f/1.4 G nicht ganz sicher ist, ob das Foto scharf ist, wird am spätestens nach Import und Sichtung der Bilder eines Besseren belehrt – bravo!

Die D780 ist ein sehr fortschrittliches Kamerasystem, das erstmal gelernt werden möchte. Deshalb habe ich mir mehr als ein halbes Jahr Zeit für diesen Erfahrungsbericht genommen. Die Kamera auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen, ist gar nicht so leicht gewesen. Ich empfehle dazu Steve Perrys D780 Menu Setup Guide, der hat mir – wie so viele der sehr empfehlenswerten Videos von Steve, sehr geholfen:

Mein Fazit

Wer schon länger mit Nikon Kameras fotografiert, wird sich sofort wohlfühlen. Alles ist an seinem Platz, die Kamera reagiert extrem schnell und stets zuverlässig. Der Sensor staubt nicht so schnell zu wie bei anderen Kameras. Der Verschluss verrichtet leise und  zuverlässig seine Arbeit. Die hohe Zuverlässigkeit des Autofokus egal ob mit optischem Sucher oder im Live-View erleichtern mir bei Shootings und Veranstaltungen deutlich die Arbeit.

Wer beim Fotografieren noch etwas Emotionen, das Gefühl von Mechanik und die Haptik von manuellen Schaltern sucht, sollte sich nach einer Nikon Df, einer Zfc oder gleich nach einer manuellen Nikon umsehen. Die D780 bringt für ambitionierte Amateurfotografen aber auch Profis alles mit, was man wirklich zum Fotografieren braucht und noch mehr. Ein emotionsloses Arbeitstier, das über Jahre zuverlässig seine Arbeit verrichten wird – vielleicht die letzte DSLR von Nikon.